GKV-IPReG und Außer­kli­ni­sche Inten­siv­pflege (AKI)-Richtlinie des Gemein­sa­men Bundesausschuss- Wohl­mein­der Zwang in der außer­kli­ni­schen Inten­siv­pflege: Ringen um Selbst­be­stim­mung und Patientenrechte

Dr. Paul Diese­ner, vormals lang­jäh­ri­ger Leiter der neuro­lo­gi­schen Früh­re­ha­bi­li­ta­tion im Hegau-Jugendwerk Gailin­gen, wird von Eltern beatme­ter und tracheo­to­mier­ter Kinder (unter ande­rem) beson­ders für seine profes­sio­nelle teil­ha­be­ori­en­tierte Trache­al­ka­nü­len­ver­sor­gung geschätzt.

Arti­kel von Dr. Paul Diese­ner in Beatmet Leben 6/2021

In diesem Kommen­tar, der aktu­el­len Ausgabe der Zeit­schrift Beatmet Leben 6/21, widmet sich Herr Dr. Diese­ner der Haltung des „wohl­mei­nen­den Zwanges“.

Seit Beginn des Gesetz­ge­bungs­ver­fah­rens 2019, damals RISG (Rehabilitations- und Inten­siv­pfle­ge­stär­kungs­ge­setz), inzwi­schen GKV-IPReG (Intensivpflege- und Reha­bi­li­ta­ti­ons­stär­kungs­ge­setz) hält der Diskurs zur außer­kli­ni­schen Inten­siv­pflege an. Die ursprüng­lich geplante regel­hafte statio­näre Unter­brin­gung (RISG), die als zwangs­weise Einwei­sung zu klas­si­fi­zie­ren war, wurde aufgrund der massi­ven Proteste von einer sehr großen Koali­tion der Pati­en­ten­ver­bände, Betrof­fe­nen­ver­bände, Behin­der­ten­ver­bände und dem Behin­der­ten­ver­tre­ter des Bundes und der Behin­der­ten­ver­tre­te­rIn­nen der Bundes­län­der und enga­gier­ter minis­te­ri­el­ler Mitar­bei­te­rIn­nen und enga­gier­ter Parla­men­ta­rie­rIn­nen zwar entschärft, birgt aber weiter­hin Gefah­ren für die Betrof­fe­nen Menschen. Sowohl gesetz­lich als auch in der Ausge­stal­tung über die Richt­li­nie zur außer­kli­ni­schen Inten­siv­pflege, sowie der Rahmen­ver­ein­ba­run­gen, besteht die Gefahr einer statio­nä­ren Unter­brin­gung durch uner­füll­bare Quali­täts­an­for­de­run­gen und Eignungs­an­for­de­run­gen an den Ort der Leis­tungs­er­brin­gung fort.

Finan­zi­ell benach­tei­ligt, insbe­son­dere § 37 c SGB V des GKV-IPReG, massiv die ambu­lante Inten­siv­pflege, ohne von der Struk­tur in der statio­nä­ren Unter­brin­gung ein ange­mes­se­nes Schutz­ni­veaus (Perso­nal­schlüs­sel) zu sichern. Sollte die AKI-Richtlinie die HKP-Richtlinie (Häusliche-Krankenpflege-Richtlinie) erset­zen, droht in der Ausge­stal­tung der subsi­diäre Schutz durch die HKP verlo­ren zu gehen.

Wir befürch­ten, dass die Haltung zum wohl­mei­nen­den Zwang, die sich konse­quent durch RISG und das am 20.10.21 in Kraft getre­tene GKV-IPReG ziehen, auch in der Erst­fas­sung der Richt­li­nie über die Verord­nung von außer­kli­ni­scher Inten­siv­pflege des Gemein­sa­men Bundes­aus­schus­ses (GBA) ihren Nieder­schlag findet. Wir appel­lie­ren weiter­hin an die Betei­lig­ten, realis­ti­sche Rege­lun­gen unter Berück­sich­ti­gung der äußerst unter­schied­li­chen Betrof­fe­nen­grup­pen zu finden und sich für die Selbst­be­stim­mung, Pati­en­ten­rechte und inklu­sive Teil­habe aller Menschen Mitten im Leben stark zu machen. 

Blei­ben Sie mutig – alle, die auch im Hinter­grund unter Berück­sich­ti­gung der UN-Behindertenrechtskonvention und mit Blick auf die Selbst­be­stim­mung agieren. 

 

Mit der Veröf­fent­li­chung der Erst­fas­sung der Richt­li­nie zur außer­kli­ni­schen Inten­siv­pflege wird Mitte Novem­ber 2021 gerech­net. Zurzeit sind alle Betei­lig­ten und Stel­lung­nah­me­be­rech­tig­ten zur Verschwie­gen­heit verpflichtet.

Das von uns unter­stützte Anlie­gen, Miss­brauch, Fehl­an­reize und Krimi­na­li­tät im Bereich der außer­kli­ni­schen Inten­siv­pflege zu verhin­dern sowie (höhere) Quali­täts­stan­dards zu etablie­ren, kann nur gelin­gen, wenn man inten­siv­pfle­ge­be­dürf­tige Menschen als Menschen wahr­nimmt, dies auch im Wort­laut erken­nen lässt und die Selbst­be­stim­mung beim Wohn­ort, der medi­zi­ni­schen Behand­lung, Pflege und Teil­habe stets in den Blick nimmt.

Wir erwar­ten eine trans­pa­rente Ausge­stal­tung und mit der Veröf­fent­li­chung der Erst­fas­sung der außer­kli­ni­schen Inten­siv­pfle­ge­richt­li­nie, ebenso die Veröf­fent­li­chung des Entwurfs der konsen­tier­ten AKI-RL (v.23.06.2021), sowie der dazu einge­gan­ge­nen Stel­lung­nah­men aller stel­lung­nah­me­be­rech­tig­ten Organisationen.

 Die Betrof­fe­nen haben ein Recht darauf zu erfah­ren, welche Inter­es­sen­gruppe sich als stel­lung­nah­me­be­rech­tigt hat akkre­di­tie­ren lassen, ob dann eine Stel­lung­nahme abge­ge­ben wurde und wenn eine Stel­lung­nahme abge­ge­ben wurde, für welche Inter­es­sen die akkre­di­tier­ten Orga­ni­sa­tio­nen sich einge­setzt haben und für welche nicht.

 

 

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