Kreiszeitung-Wochenblatt: „Außer­kli­ni­sche Inten­siv­pflege ist weiter­hin zu Hause möglich”

Beitrag vom 11.Februar 2022 auf www​.kreis​zei​tung​-wochen​blatt​.de (mit freund­li­cher Genehmigung)


Außer­kli­ni­sche Inten­siv­pflege ist weiter­hin zu Hause möglich

ce. Salz­hau­sen. „Uns fällt ein großer Stein vom Herzen! Unsere Toch­ter und andere Menschen mit ähnli­cher Behin­de­rung müssen nicht in ein Heim, sondern können weiter­hin in der vertrauen Umge­bung der Fami­lie versorgt werden.“ Das sagt Katha­rina Dezelske (52), Mutter der quer­schnitts­ge­lähm­ten elfjäh­ri­gen Elisa­beth aus der Samt­ge­meinde Salz­hau­sen (Land­kreis Harburg). Die Rechts­an­wäl­tin, die dem Verein „INTENSIV­kinder zuhause e.V.“ ange­hört, hat gemein­sam mit dieser und ande­ren Initia­ti­ven eine Ände­rung des Geset­zes zur außer­kli­ni­schen Inten­siv­pflege durch­ge­setzt – über viele Minis­te­rien bis hin zur Bundesregierung.
Dezelskes Toch­ter Elisa­beth ist quer­schnitts­ge­lähmt, seit sie als Klein­kind mit ihrer Fami­lie einen Auto­un­fall hatte. Sie kann nur den Kopf und die Schul­tern sowie ein biss­chen die Finger bewegen.
„Außer­kli­ni­sche Inten­siv­pflege ist ein spezi­el­ler Bereich der häus­li­chen Kran­ken­pflege. Betrof­fene wie Elisa­beth können jeder­zeit in lebens­be­droh­li­che Situa­tio­nen kommen, weshalb sie perma­nente Über­wa­chung benö­ti­gen“, erklärt Katha­rina Dezelske. Ihre Toch­ter Elisa­beth ist auf künst­li­che Beatmung ange­wie­sen und wird im Haus der Fami­lie rund um die Uhr von Kinder­kran­ken­schwes­tern eines ambu­lan­ten Pfle­ge­diens­tes betreut. Mit Unter­stüt­zung einer Schul­be­glei­tung besucht sie die 5. Klasse der Ober­schule in Jeste­burg. Per Augen­steue­rung kann sie am Compu­ter schrei­ben. „Meine Lieb­lings­fä­cher sind Mathe, Reli­gion und die Naturforscher-AG“, erzählt sie begeis­tert dem WOCHENBLATT-Reporter. Der kennt Elisa­beth, seit sie 2017 einen regio­na­len Lite­ra­tur­wett­be­werb in ihrer Alters­klasse gewann. Damals schrieb sie eine berüh­rende Geschichte über ihr großes Hobby Pferde.

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Das Leben mit Inten­siv­pflege ist viel­fäl­tig. Die zu Pfle­gen­den sind indi­vi­du­elle Persön­lich­kei­ten, die so selbst­be­stimmt wie möglich am Ort ihrer Wahl sein möch­ten“, betont Katha­rina Dezelske. „Die Poli­ti­ker hatten lange Zeit eine falsche Vorstel­lung vom Umgang mit diesen Menschen, die sich nämlich über ihre Fähig­kei­ten defi­nie­ren und nicht über ihre Behinderung.“
2019 sollte die außer­kli­ni­sche Inten­siv­pflege gesetz­lich neu gere­gelt werden. Der dabei heraus­ge­kom­mene Geset­zes­ent­wurf löste bei den Betrof­fe­nen eine Protest­welle aus, sah er doch statt einer Betreu­ung zu Hause fast ausschließ­lich eine statio­näre Unter­brin­gung in Heimen vor. „Dabei gilt bei allen Pflege- und Kran­ken­ver­si­che­run­gen der Grund­satz „Ambu­lant vor statio­när” “, gibt Dezelske zu bedenken.
Katha­rina Dezelske und der Verein „Intensiv­kinder zuhause​.de“ leis­te­ten darauf­hin im Schul­ter­schluss mit Wohlfahrts‑, Selbsthilfe- und Pfle­ge­ver­bän­den sowie den Behin­der­ten­be­auf­trag­ten von Bund und Ländern massi­ven Wider­stand gegen die Pfle­ge­pläne. Mit Erfolg: Nach zwei­jäh­ri­ger poli­ti­scher Debatte ist jetzt auf Basis des Intensivpflege- und Reha­bi­li­ta­ti­ons­stär­kungs­ge­set­zes („IPReG“) die neue Richt­li­nie des Gemein­sa­men Bundes­aus­schus­ses – des obers­ten Beschluss­gre­mi­ums der Selbst­ver­wal­tung von Ärzten, Psycho­the­ra­peu­ten, Kran­ken­häu­sern und ‑kassen – erlas­sen worden. Das Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­te­rium muss diese Außerklinische-Intensivpflege-Richtlinie noch geneh­mi­gen. ​Sie macht die außer­kli­ni­sche Inten­siv­pflege von darauf ange­wie­se­nen Menschen in häus­li­cher Umge­bung weiter möglich. „INTENSIV­kinder zuhause e.V.“ setzt sich weiter für die Umset­zung ein und ist soli­da­risch mit den Wachkoma-Patienten, die noch nicht hinrei­chend geschützt sind. „Es war ein langer Weg und hat viel Kraft gekos­tet“, sagt Katha­rina Dezelske. „Aber wir freuen uns für Elisa­beth und alle Betrof­fe­nen, dass wir für sie etwas Gutes erreicht haben.“

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